Neben diesem eminent politischen Zug fragt MADE ON MARS durch das Verfahren des Brandings auch nach einem Aspekt des Politischen im weiteren Sinne, nämlich nach unseren Strategien der Identitätskonstitution. Die Kollektion MADE ON MARS besteht aus getragener Markenkleidung und besonderen Einzelstücken, die von ihren ursprünglichen Labels befreit und mit dem neuen Label MADE ON MARS versehen worden sind. Außerdem werden die Textilien durch Stickerei veredelt. Die dabei verwendeten Zitate entstammen der medialen Massenkultur, wie z.B. „JUNK STATUS“, „TERRIFIC ASSET“ oder „CLUSTERFUCK“. Ein kleines Wiki erklärt diese Begriffe und ihre Herkunft. Als „Terrific Asset“ etwa wurde Ann Romney, die Frau des republikanischen Präsidentschaftskandidaten, auf CNN bezeichnet. Von einem „Clusterfuck“ spricht die amerikanische Armee, wenn verschiedene zusammenhängende Elemente einer Operation schiefgehen. Aus dem Zitat gefundener Texte auf gefundenen Textilien, einer doppelten Wiederholung also, entstehen neue Einzelstücke, die den Fetischcharakter der Ware ebenso reproduzieren wie den Fetischcharakter des Wortes.
Daneben wird eine billige T-Shirt-Kollektion verramscht. Hier sind die Texte nicht aufgedruckt und somit hinzugefügt worden, sondern sie wurden in den farbigen Stoff gebleicht. Das additive Verfahren der edlen Linie ist hier durch ein subtraktives ersetzt. Billiger geht es nicht. Die in diesem SALE-Bereich feilgebotenen T-Shirts tragen Aufschriften wie „NOT“ und „SOLD“, was zunächst auf Ladenhüter ver- weisen mag, allerdings auch deutsch gelesen werden kann – als „Notsold“ oder „Soldnot“. Alles nur eine Frage der Übersetzung.
Das Ändern des Brandings ist ein performativer Akt und thematisiert die Vorgehensweise von Unternehmen, die ihrem Produkt durch das Label einen individuellen Charakter und Wert geben möchten, dabei aber seine Herkunft und dessen Produktionsbedingungen verdecken. Gleiches gilt für die Frage nach seiner Authentizität. Denn ein Kleidungsstück einer bestimmten Marke wird nicht durch bestimmte Eigenschaften zu einem authentischen oder echten Produkt dieser Marke, sondern allein dadurch, dass es in bestimmter Weise bezeichnet und dass diese Bezeichnung richtig durchgeführt wurde. Es ähnelt also einem performativen Sprechakt, was diese Authentizität begründet und der gilt, wenn seine Regeln eingehalten werden.
Damit scheint sich diese Form von Identität und Authentizität von jener zu unterscheiden, die wir für uns beanspruchen. Zumindest auf den ersten Blick. Wie kommt es aber dann, dass wir gerade mit Kleidung glauben, so viel von unserer Identität artikulieren zu können? Und ist das Branding einer Kleidung wirk- lich so verschieden von unserer Benennung mit einem Namen?