Maria Thurn und Taxis
The Rules of the Game
29.01.–19.03.2023
Kebbel-Villa – Oberpfälzer Künstlerhaus
In ihrer ersten institutionellen Einzelausstellung in Deutschland zeigt Maria Thurn und Taxis zwischen 2020 und 2022 entstandene Collagen, Malereien sowie ein neues Video-Triptychon. Es sind surreale, geheimnisvolle, zuweilen auch unheimliche Mischwesen, die die in Regenburg geborene und aktuell in London lebende Künstlerin in ihren Arbeiten kreiert. Dazu bedient sie sich vornehmlich der Collagetechnik: Sie zerschneidet Quellenmaterial unterschiedlicher Herkunft, die so entstandenen Versatzstücke setzt sie anschließend zu neuen, ungewöhnlichen Kompositionen zusammen. In den von ihr erschaffenen Bildwelten treffen etwa Abbildungen aus pflanzenkundlichen Überblickswerken auf Darstellungen indigener Riten, Ausschnitte von Ballettpositionen verbinden sich mit Pilzkulturen, Bilder altgriechisch Keramik fungieren als Behältnis südamerikanischer Botanik. Manchmal hat sich die Künstlerin sogar den Umweg über die Abbildung gespart und bei Spaziergängen gepflückte Blumen und gesammelte Blätter kurzerhand direkt in ihre Bildkompositionen eingesetzt.
In und um die collagierten Bildpartien webt Thurn und Taxis zuweilen gemalte Bestandteile ein. Manchmal hebt sie so einzelne Collagepartien besonders hervor; meist tritt Malerei in diesen Bildern aber in Form von satten, von Spontaneität und Selbstbewusstsein zeugend Farbflecken in Erscheinung. Lassen die Collagen der Künstlerin unweigerlich an den Leitsatz der Surrealisten vom Comte de Lautréamont (1846–1879) denken, der in seinen Les Chants de Maldoror „Schönheit als die zufällige Begegnung einer Nähmaschine und eines Regenschirms auf einem Operationstisch“ definiert, rufen diese gemalten Partien ebenfalls ein im Surrealismus prominentes Verfahren auf: das automatische Schreiben bzw. Zeichnen.
Entsprechend der von ihr bei den Arbeiten auf Papier favorisierten Technik entstehen auch Thurn und Taxis‘ Videoarbeiten: Aus bereits existierenden Filmen unterschiedlicher Herkunft und Machart – Filmklassiker, Spielfilme oder Cartoons – schneidet sie einzelne Teile heraus und fügt sie anschließend durch Montagetechnik neu zusammen. Anodynes, der Titel ihres in der Kebbel- Villa gezeigten Video-Triptychon, zitiert eine heute veraltete und nicht mehr gebräuchliche Bezeichnung für ein schmerzstillendes Mittel oder Narkotikum.
Text: Jürgen Dehm, Kebbel-Villa
Photographs: © Clemens Meyer